EU gibt Ukraine 90 Milliarden Euro Kredit - russisches Geld bleibt ungenutzt
19.12.2025 / 07:28 Uhr
Von Laurence Norman
DOW JONES--Die europäischen Staats- und Regierungschefs haben sich verpflichtet, der Ukraine weitere 90 Milliarden Euro Kredit zu geben, damit sich das Land weiter gegen den russischen Angriffskrieg wehren kann. Sie konnten sich jedoch nicht auf einen Plan einigen, die in Europa liegenden eingefrorenen russischen Vermögenswerte für das Darlehen zu verwenden.
Das Versprechen, der Ukraine weiteres Geld zu leihen, ist zwar eine entscheidende finanzielle Rettungsleine, aber die Unfähigkeit sich darauf zu einigen, Kiew viele Milliarden Dollar russisches Vermögen zu überlassen, unterstreicht die Spaltung innerhalb der Europäischen Union hinsichtlich der Frage, inwieweit man bereit ist, Russland entgegenzutreten.
Europa hofft, dass der Kontinent durch die fortgesetzte Finanzierung der Ukraine und die Kontrolle der russischen Vermögenswerte einen Platz am Verhandlungstisch haben wird, wenn es um die Beendigung des Krieges geht, was ein vorrangiges Ziel von US-Präsident Donald Trump ist. Bislang haben die Trump-Administration und der Kreml Europa weitgehend außen vor gelassen.
Mit der nächtlichen Entscheidung wird es zunehmend unwahrscheinlich, dass sich Europa jemals darauf einigen wird, bis zu 300 Milliarden Dollar an russischen Vermögenswerten für die Ukraine einzusetzen. Die europäischen Staats- und Regierungschefs präsentierten die Entscheidung jedoch als Erfolg. EU-Vertreter sagten, das Darlehen werde dem Kreml zeigen, dass er die westliche Unterstützung für die Ukraine nicht überstehen kann. "Wir haben eine Einigung erzielt. Die Entscheidung, der Ukraine für 2026 und 2027 90 Milliarden Euro Unterstützung zu gewähren, wurde von allen gebilligt. Wir haben uns verpflichtet, wir haben geliefert", sagte EU-Ratspräsident Antonio Costa.
Das Darlehen kommt zu einem Zeitpunkt, an dem die EU davon ausgeht, dass der Ukraine im April die Mittel für ihren Haushalt und den Kauf von Waffen ausgehen werden. Nach Schätzungen des Internationalen Währungsfonds würde das Darlehen zwei Drittel des Finanzbedarfs im nächsten Jahr und im Jahr 2027 decken. Der Rest könnte von anderen westlichen Unterstützern der Ukraine und dem IWF kommen, sagen EU-Vertreter. Da die Trump-Regierung ihre Finanzhilfen für die Ukraine zurückzieht, sind Gelder aus der EU und anderen europäischen Ländern für Kiew von entscheidender Bedeutung.
Die EU wird die Zinszahlungen für das Darlehen übernehmen, sagten Beamte. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj warnte am Donnerstag, dass Kiew ohne das Darlehen die Drohnenproduktion drastisch reduzieren und seine Kapazitäten für weitreichende Luftschläge gegen Russland im nächsten Frühjahr einstellen müsste.
EU-Beamte sagten, dass die Nichtnutzung russischer Vermögenswerte deutlich teurer wäre und die Steuerzahler aufgrund der Zinszahlungen für das aufgenommene Kapital möglicherweise Milliarden zusätzlich kosten würde. Mit der Nutzung der russischen Vermögenswerte für "Reparationskredite" hätte sich die EU auch einen Geldtopf erschlossen, aus dem sie in Zukunft zusätzliche Finanzmittel für Kiew hätte bereitstellen können.
Nach monatelangen Bemühungen erwies sich der Widerstand des belgischen Premierministers Bart de Wever gegen die Verwendung der russischen Vermögenswerte zur Finanzierung eines Kredits für die Ukraine aber als entscheidend für das Scheitern des Plans. Belgien hatte befürchtet, dass eine erfolgreiche Klage Russland gegen den Reparationskredit das Land in eine Finanzkrise stürzen könnte. Hintergrund ist, dass Belgien Sitz von Euroclear ist, wo rund zwei Drittel der 300 Milliarden Dollar Auslandsvermögen der russischen Zentralbank verwahrt werden, die die EU in den ersten Tagen des Krieges in der Ukraine eingefroren hat.
De Wever sagte, Russland habe mit Vergeltungsmaßnahmen gegen Belgien und ihn persönlich gedroht, sollte die Regierung den Reparationskredit unterstützen. Es war der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban, der den Weg für einen Kompromiss ebnete. Der Staatschef, ein enger Verbündeter von Trump und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin, erklärte, er werde sein Veto gegen den Vorstoß der Europäischen Kommission aufgeben, auf den Finanzmärkten Mittel für das Darlehen aufzunehmen und dabei den EU-Haushalt als Sicherheit zu nutzen. Wie De Wever hatte auch er sich vehement dagegen ausgesprochen, russische Vermögenswerte für das Darlehen zu nutzen.
EU-Vertreter erklärten, sie würden weiter an dem Reparationsdarlehen arbeiten und den Plan möglicherweise nutzen, um einen Teil der 90 Milliarden Euro für die Ukraine zu finanzieren. Angesichts der vereinbarten neuen Finanzierungsoption bestehen jedoch Zweifel, dass Belgien einer Inanspruchnahme der Mittel zustimmen wird. Bundeskanzler Merz erklärte nach dem Treffen, dass die russischen Vermögenswerte weiterhin eingefroren blieben. Wenn Russland keine Reparationen an die Ukraine zahle, könne die EU die eingefrorenen Vermögenswerte zur Rückzahlung ihres Kredits an die Ukraine verwenden.
Die Staats- und Regierungschefs der EU haben wiederholt versprochen, die Ukraine so lange wie nötig zu unterstützen und die Lücke zu schließen, die durch den Rückzug der US-Finanzmittel entstanden ist. Die Nichtnutzung der russischen Vermögenswerte für die Ukraine angesichts der Drohungen aus dem Kreml könnte jedoch Moskau und Washington den Eindruck vermitteln, dass Europa unter Druck nachgeben wird, ein Bild, das die europäischen Staats- und Regierungschefs eigentlich unbedingt vermeiden wollen.
Nach dem Treffen sagte der französische Präsident Emmanuel Macron, die europäischen Politiker müssten ein Format finden, in dem sie und die Ukraine wieder Gespräche mit Putin aufnehmen können, anstatt den Dialog Vermittlern wie den USA zu überlassen. Die meisten EU-Staats- und Regierungschefs haben seit Beginn des Krieges den Kontakt zum Kreml gemieden.
Kontakt zum Autor: konjunktur.de@dowjones.com
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