EZB/Lane: Schwache Kreditvergabe macht Geldpolitik weniger wirksam
21.10.2025 / 10:44 Uhr
Von Hans Bentzien
DOW JONES--Die Kreditvergabe an Unternehmen und private Haushalte des Euroraums ist nach Aussage von Philip Lane, Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank (EZB), im historischen Vergleich schwach, was die Übertragung der lockeren Geldpolitik in die Realwirtschaft hemmt. Zwar sagte Lane in einer EZB-Konferenz, dass die geldpolitische Transmission "insgesamt reibungslos" funktioniere, doch führte er in einer Rede im Rahmen einer EZB-Konferenz vor allem Probleme auf. "Die Analyse zeigt, dass die Stärke der geldpolitischen Transmission zeitlich variiert und auch von der Konstellation der inländischen und externen makroökonomischen Schocks abhängt, die die Wirtschaft des Euroraums treffen", sagte er laut veröffentlichtem Redetext.
Der EZB-Chefvolkswirt wies zunächst darauf hin, dass die Kreditvergabe gemessen am Bruttoinlandsprodukt im historischen Vergleich schwach sei. Nach seiner Einschätzung liegt das sowohl an vergleichsweise hohen Kreditzinsen als auch an einer schwachen Nachfrage. Die relativ hohen Zinsen erklären sich Lane zufolge zum einen mit der hohen Unsicherheit, die Banken vorsichtig agieren lässt, zum anderen aber auch mit den starken Zinsanhebungen nach der Corona-Pandemie.
Zinsen im Neugeschäft höher als bei ausstehenden Krediten
"So liegen beispielsweise die Kreditzinsen für Neugeschäft immer noch über denen für ausstehende Kredite, und die Indikatoren der Umfrage zum Kreditgeschäft zeigen, dass die kumulative Straffung noch nicht vollständig rückgängig gemacht wurde", sagte er. Lane zufolge wird das Kreditangebot aber auch von einer erhöhten Risikowahrnehmung der Banken und deren höheren Refinanzierungskosten sowie abnehmender Überschussliquidität gebremst.
"Darüber hinaus haben der Druck aus aufsichtsrechtlichen und regulatorischen Anforderungen zur Aufrechterhaltung solider Bilanzen angesichts steigender Unsicherheiten sowie das Ziel, die Finanzstabilität zu stützen, die Kreditstandards über den gesamten Zyklus hinweg straff gehalten, auch wenn die Geldpolitik in den letzten Quartalen gelockert wurde", sagte der EZB-Chefvolkswirt. Auch die prinzipiell wichtiger werdenden Nicht-Banken hätten die geringere Kreditvergabe durch Banken nicht ausgleichen können.
Kreditvolumen steigt langsamer als von der EZB erwartet
"Unterm Strich ist die fortschreitende Transmission der geldpolitischen Lockerung auf die Kreditvolumina langsamer verlaufen als auf Basis vergangener Regelmäßigkeiten erwartet", sagte Lane. Bezüglich der Nachfrage verwies er auf die Probleme des verarbeitenden Gewerbes mit der weltweiten Unsicherheit. Das verarbeitende Gewerbe hat normalerweise einen hohen Kreditbedarf, sieht sich aber gegenwärtig einer ganzen Reihe von Problemen gegenüber. Auch sei die normalerweise hohe Kreditnachfrage einkommensschwacher Haushalte gegenwärtig eher schwach.
"Wenn Unsicherheit die geldpolitische Transmission schwächt, ist eine stärkere geldpolitische Intervention erforderlich, um ein gegebenes Politikziel zu erreichen", sagte der EZB-Chefvolkswirt. Andererseits könne man argumentieren, dass die Entscheidungsträger abwarten müssten, ob sich ein Unsicherheitsschub rechtzeitig von selbst korrigiere.
Kontakt: hans.bentzien@dowjones.com
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