SVR senkt BIP-Prognose und rät zu Reformen

21.05.2025 / 10:01 Uhr

Von Hans Bentzien

DOW JONES--Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (SVR) hat seine Prognose für das Wirtschaftswachstum Deutschlands im laufenden Jahr gesenkt und rechnet für das nächste Jahr mit einer Erholung. Wie aus dem jetzt veröffentlichten Frühjahrsgutachten hervorgeht, rechnet der Rat für 2025 mit einer Stagnation des Bruttoinlandsprodukts (BIP), nachdem er im November 2025 noch einen Zuwachs von 0,4 Prozent prognostiziert hatte. Für 2026 wird ein BIP-Anstieg von 1,0 Prozent prognostiziert. Die Prognose entspricht exakt jener der Bundesregierung und ist etwas pessimistischer als die Gemeinschaftsprognose der Wirtschaftsforschungsinstitute.

Prognose unterstellt Zölle auf Stand 2. Mai

Die Prognosen beruhen auf der Annahme, dass die zum 2. Mai 2025 geltenden US-Zölle und Vergeltungsmaßnahmen in ihrer aktuellen Höhe bestehen bleiben, eine weitere Verschärfung der US-Handelspolitik oder Gegenmaßnahmen anderer Handelspartner jedoch am Verhandlungstisch abgewendet werden können. Gleichzeitig wird unterstellt, dass die Unsicherheit über den weiteren Kurs der US-Handelspolitik hoch bleibt.

Unterstellt werden ferner etwas höhere Gas-, aber etwas niedrigere Öl- und Strompreise. Für den Einlagensatz der Europäischen Zentralbank (EZB) wird basierend auf Terminpreisen ein Rückgang auf 1,6 Prozent im vierten Quartal erwartet. Derzeit liegt dieser Satz bei 2,25 Prozent. Für den Euro wird ein Kurs von 1,12 US-Dollar angenommen.

Zölle und Finanzpaket wesentliche Einflussgrößen

"Die deutsche Wirtschaft wird in nächster Zeit maßgeblich von zwei Faktoren beeinflusst: der US-amerikanischen Zollpolitik und dem Finanzpaket", wird in der Veröffentlichung die SVR-Vorsitzende Monika Schnitzer zitiert. Die US-Zollpolitik belastet die ohnehin schwache deutsche Exportwirtschaft nach Einschätzung des SVR zusätzlich. Die Exporte dürften mit den sprunghaft und unberechenbar steigenden Zöllen noch weiter zurückgehen. Ab 2026 würden die durch das Finanzpaket bereitgestellten Mittel positive Impulse für Bau- und Ausrüstungsinvestitionen sowie den Staatskonsum setzen. Der private Konsum dürfte dann etwas stärker wachsen, da die verfügbaren Einkommen preisbereinigt stärker zunähmen.

Bundestag und Bundesrat hatten im März die Schaffung eines "Sondervermögens" für Infrastruktur von 500 Milliarden Euro beschlossen. Damit die in diesem Geld liegenden Wachstumschancen voll genutzt werden können, sollte in dem zu verabschiedenden Errichtungsesetz eine Investitionsquote von mindestens 10 Prozent festgeschrieben werden, rät der SVR. Damit soll gesichert werden, dass es sich bei den Investitionen wirklich um zusätzliche handelt und nicht einfach eine Umschichtung aus dem Kernhaushalt stattfindet. Der SVR rät ferner dazu, den Schwellenwert für Verteidigungsausgaben im Kernhaushalt auf mindestens 2 Prozent des BIP anzuheben und einen dauerhaften Fonds für Verkehrsinfrastruktur einzurichten. Auch solle eine Mindestinvestitionsquote für Bildung festgelegt werden.

Bürokratie soll abgebaut und Arbeitsangebot erhöht werden

Die Sachverständigen wollen außerdem, dass die Mehrausgaben von Reformen begleitet werden. So sollen Beschaffungsprozesse verbessert und Planungs- sowie Genehmigungsverfahren beschleunigt werden. Strukturreformen zum Bürokratieabbau und zur Erhöhung des Arbeitsangebot sollen vorangetrieben und die Reform der Schuldenbremse vollendet werden.

Die Inflation in Deutschland wird gemäß der aktuellen Prognosen 2025 bei 2,1 und 2026 bei 2,0 Prozent liegen und die Arbeitslosenquote bei 6,2 und 6,1 Prozent. "Die Märkte erwarten zwar Zinssenkungen, allerdings ist die Preisentwicklung aktuell besonders unsicher. So ist etwa ungewiss, ob die aktuellen Handelskonflikte die Inflation antreiben oder dämpfen. Auch eine expansive Fiskalpolitik in Deutschland könnte die Inflationserwartungen erhöhen und damit eine straffere Geldpolitik der EZB begünstigen", erklärt SVR-Mitglied Veronika Grimm.

Die Löhne werden laut dem Gutachten um 2,8 und 2,7 Prozent steigen, während Haushaltsdefizite von 2,5 und 3,4 Prozent vorhergesagt werden. Im Euroraum wird die Inflation der Prognose zufolge bei 2,2 und 1,9 Prozent liegen.

Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com

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