EZB: US-Firmen prägen Handel zwischen Eurozone und USA

20.06.2025 / 11:06 Uhr

Von Paul Hannon

DOW JONES--Fast ein Drittel des Überschusses der Eurozone im Warenhandel mit den USA entfällt auf den Verkauf von Produkten, die von Tochtergesellschaften amerikanischer Unternehmen hergestellt werden, die auch für den größten Teil des Defizits der Eurozone im Dienstleistungsverkehr verantwortlich sind, erklärte die Europäische Zentralbank (EZB).

In ihrem jüngsten Economic Bulletin erklärten die Ökonomen der Zentralbank, dass die Wirtschaft der Eurozone kleiner wäre, wenn die von diesen Tochtergesellschaften ausgeführten Tätigkeiten als Reaktion auf höhere Zölle oder Änderungen der US-Steuerpolitik in die USA zurückverlagert würden. Die Auswirkungen auf die Beschäftigung und die Einkommen wären aber wahrscheinlich begrenzt.

"Über einen längeren Zeitraum hinweg könnte die Produktivität leiden, wenn die Binnenwirtschaft nicht mehr von den positiven Spillover-Effekten profitiert", schreiben die EZB-Ökonomen.

Die Untersuchung der EZB verdeutlicht die Komplexität der Handels- und Investitionsbeziehungen zwischen der Eurozone und den USA sowie die überragende Rolle Irlands in der transatlantischen Wirtschaft.

Viele der US-Unternehmen, die zum Warenüberschuss der Eurozone beitragen, haben ihren Sitz in Irland und stellen Arzneimittel her. Sie importieren aber auch Dienstleistungen aus den USA, zum Beispiel die Nutzung von geistigem Eigentum, während sie gleichzeitig hohe Gewinne an ihre amerikanischen Anteilseigner zurückschicken.

Der EZB zufolge werden sich die Waren-, Dienstleistungs- und Gewinnströme zwischen den USA und der Eurozone im Jahr 2024 weitgehend ausgleichen, selbst wenn die Eurozone einen großen Überschuss im Warenverkehr aufweist.

"Die Leistungsbilanz des Euro-Währungsgebiets mit den Vereinigten Staaten war im Jahr 2024 nahezu ausgeglichen, da der zunehmende Überschuss im Warenhandel fast vollständig durch Defizite im Dienstleistungshandel und bei den Erträgen aus Direktinvestitionen ausgeglichen wurde", erklärte die EZB.

Die Geschäfte von multinationalen US-Unternehmen in der Eurozone trugen laut EZB "erheblich" zu diesen Strömen bei. Die Ökonomen der EZB schätzten, dass 30 Prozent des Warenhandelsüberschusses der Eurozone auf die Verkäufe von US-Unternehmen zurückzuführen sind, während dieselben Unternehmen 90 Prozent des Dienstleistungsdefizits der Eurozone ausmachen.

"Der wachsende Warenhandelsüberschuss gegenüber den Vereinigten Staaten ist vor allem auf einen deutlichen Anstieg der Ausfuhren pharmazeutischer Erzeugnisse zurückzuführen, der größtenteils auf die Handelsströme irischer Tochtergesellschaften multinationaler Unternehmen aus den USA zurückgeht", so die EZB.

Irland kann der Pharmaindustrie nicht nur qualifizierte Arbeitskräfte anbieten, die mit den US-amerikanischen Vorschriften vertraut sind, sondern ist auch attraktiv, um ihre Steuerlast zu senken. Präsident Donald Trump hat deutlich gemacht, dass er unglücklich darüber ist, dass ein so großer Anteil der Pharmaproduktion für den US-Verbrauch im Ausland angesiedelt ist.

Die Ökonomen der EZB warnten davor, dass höhere Zölle auf Importe aus der Eurozone US-Unternehmen dazu veranlassen könnten, einen Teil ihrer Produktion zurück ins Land oder an andere Standorte zu verlagern. Dies würde zwar die Wirtschaft der Eurozone verkleinern, hätte aber nach Ansicht der EZB weitaus geringere Auswirkungen auf Beschäftigung und Einkommen, da diese Tätigkeiten sehr kapitalintensiv und nicht arbeitsplatzintensiv sind und die meisten Gewinne in die USA zurückfließen.

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