Weltbank prognostiziert Halbierung der US-Wachstumsrate wegen Zöllen

10.06.2025 / 16:46 Uhr

Von Paul Hannon

DOW JONES--Das Wirtschaftswachstum in den USA könnte sich nach Einschätzung der Weltbank als Folge der Zollpolitik von Präsident Trump in diesem Jahr halbieren. Die Weltwirtschaft dürfte eine moderatere, aber dennoch deutliche Verlangsamung erfahren. Die Weltbank erklärte, sie erwarte, dass die größte Volkswirtschaft der Welt im Jahr 2025 nur um 1,4 Prozent wachsen werde, eine starke Verlangsamung gegenüber dem für 2024 verzeichneten Wachstum von 2,8 Prozent.

In ihrem Bericht vom Januar über die Aussichten für die Weltwirtschaft hatte die supranationale Entwicklungsbank noch einen Anstieg des US-Bruttoinlandsprodukts um 2,3 Prozent prognostiziert. Da die gestiegenen US-Importzölle das Exportvolumen anderer Staaten schmälern, senkte die Weltbank auch ihre Prognosen für das Wirtschaftswachstum in der Eurozone, in Japan, Indien sowie vielen anderen Ländern weltweit.

Unter den großen Volkswirtschaften dürfte Mexiko den größten Schlag erleiden, da das Wachstum für 2025 nun auf nur noch 0,2 Prozent prognostiziert wird, statt der im Januar geschätzten 1,5 Prozent. Insgesamt erwartet die Weltbank nun, dass das weltweite Wirtschaftswachstum in diesem Jahr 2,3 Prozent und im nächsten Jahr 2,4 Prozent betragen wird, nachdem sie zuvor für jedes Jahr ein Wachstum von 2,7 Prozent angenommen hatte.

"Die globalen Wachstumsaussichten haben sich verschlechtert", sagte Indermit Gill, der Chefökonom der Weltbank. "Ohne eine rasche Kurskorrektur könnte der Schaden für den Lebensstandard tiefgreifend sein."

Die Weltbank warnte davor, dass die Verlangsamung sowohl für die US-Wirtschaft als auch für die Weltwirtschaft am Ende noch schwerwiegender ausfallen könnte, wenn die Zölle über das Ende Mai vorherrschende Niveau hinaus weiter erhöht würden. Das könnte geschehen, falls die am 2. April angekündigten und dann für die Dauer von 90 Tage zum Zweck von Verhandlungen um Handelsabkommen ausgesetzten Erhöhungen im Juli in Kraft treten würden.

Sollten die Einfuhrzölle um weitere 10 Prozentpunkte steigen, würde das globale Wirtschaftswachstum in diesem Jahr nur 1,8 Prozent und im nächsten Jahr 2 Prozent betragen, schätzen die Weltbank-Ökonomen. "Die plötzliche Eskalation der Handelshemmnisse führt dazu, dass der Welthandel in der zweiten Jahreshälfte zum Erliegen kommt, und geht einher mit einem weitreichenden Vertrauensverlust, stark zunehmender Unsicherheit und Turbulenzen an den Finanzmärkten", beschreibt die Weltbank ein solches Szenario.

Die Prognosen der Weltbank sind die jüngste Warnung einer internationalen Institution vor den Gefahren der Handelspolitik von Donald Trump. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hatte in der vergangenen Woche erklärt, dass sich das US-Wirtschaftswachstum in diesem Jahr wegen der höheren Zölle auf 1,6 Prozent verlangsamen könnte, bei einer Inflation von annähernd 4 Prozent. Das Weiße Haus erklärte anschließend, der Bericht der OECD reihe sich "in eine wachsende Liste von Untergangsprognosen ein, die jeder Realität entbehren".

Unterdessen stützte die Weltbank Trumps Behauptung, dass die USA vor den jüngsten Erhöhungen mit höheren Zöllen auf ihre Exporte konfrontiert gewesen seien, als sie auf Importe erhoben hätten. Gill sagte dazu, andere Länder sollten deshalb anbieten, ihre Zölle zu senken, um den Handelsfrieden zu sichern.

"Dieser vorteilhafte Zugang zu den US-Märkten war keine nachhaltige Politik", sagte er. "Die Unterschiede sollten schnell abgebaut werden, und das kann nur geschehen, wenn alle in gutem Glauben handeln."

Tatsächlich, so die Weltbank, würde das Wirtschaftswachstum in einem Szenario, in dem die Zölle im Vergleich zu ihrem Niveau von Ende Mai halbiert würden, sowohl in diesem als auch im nächsten Jahr geringfügig höher ausfallen.

Aber Zölle sind nicht das einzige Problem, das die Trump-Administration mit anderen Regierungen hat. Sie macht geltend, dass eine Vielzahl anderer politischer Maßnahmen US-Unternehmen diskriminieren würden. Hierzu zählten Subventionen der chinesischen Regierung für die eigenen Unternehmen sowie die Erhebung von Mehrwertsteuern in Europa.

"Die Diskussion über Zölle ist wichtig, aber sie ist nur ein Anfang", sagte Gill. Das Hauptanliegen der Weltbank sind die Schäden, die Handelshemmnisse und größere Unsicherheit den Entwicklungsländern, deren Unterstützung ihre Aufgabe ist, wahrscheinlich zufügen werden.

Die Entwicklungsbank beließ ihre Prognosen für China unverändert, da sie davon ausgeht, dass schwächere Exporte in die USA durch höhere Staatsausgaben kompensiert werden. Es wird ferner erwartet, dass Indiens Wirtschaft weiterhin schnell wachsen wird, wenn auch etwas langsamer als bisher prognostiziert.

Auch eine Reihe von Entwicklungsländern, die bisher kein schnelles Wachstum verzeichneten, wird ein schwächeres Wachstum aufweisen als erwartet, darunter Südafrika. Viele von ihnen sind Exporteure von Rohstoffen, deren Preise stark gefallen sind, seit die von Trump verhängten Zollerhöhungen die Erwartungen hinsichtlich der globalen Nachfrage gedrückt haben.

Während schwächeres Wachstum auf breiter Front erwartet wird, dürften schrumpfende Wirtschaftsentwicklungen tatsächlich selten sein; der Iran gilt hier als eine bemerkenswerte Ausnahme.

Die Weltbank erklärte, der aktuelle Rückschlag werde eine lange Phase geringeren Wachstums für die Entwicklungsländer verlängern. "Außerhalb Asiens sieht man keine Verbesserung des Lebensstandards", sagte Gill. "Die Entwicklungsländer werden zu einer entwicklungsfreien Zone."

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